Anträge der Nebenklage
Der 6. Prozesstag am 21.12.2021 war der kürzeste Verhandlungstermin im Verfahren gegen Hans-Josef Bähner. Im Gegensatz zu den vorherigen Sitzungen wurden keine Zeug*innen gehört. Bestimmt war der Tag hauptsächlich durch Anträge der Nebenklage, weitere Zeug*innen zu laden und zusätzliche Beweismittel in das Verfahren aufzunehmen.
Der Prozesstag begann mit der Inaugenscheinnnahme von Lichtbildern des Tatorts, welche auf Antrag der Nebenklage als Beweismittel aufgenommen wurden. Hauptaugenmerk dieser Lichtbilder liegt auf der Beleuchtungssituation des Tatorts. Bähner hatte in seiner Einlassung behauptet, er hätte die jungen Menschen aufgrund der Lichtverhältnisse gar nicht genauer erkennen können, da er von einer Laterne geblendet gewesen sei.
Es wird festgestellt, dass drei Laternen in der Nähe des Tatorts stehen – eine davon in unmittelbarer Nähe des Grundstücks von Bähner. Die Begutachtung eines Lageplans ergibt, dass die anderen beiden Laternen jeweils in einem Abstand von etwa 40 Metern entlang der Rheinpromenade stehen. Eine Recherche bei RheinEnergie, welche die Laternen betreibt, hat zudem ergeben, dass alle drei Laternen in der Tatnacht in Betrieb waren und keine Defektmeldungen vorlagen. Eine bauliche Veränderung der Laternen hat seitdem ebenfalls nicht stattgefunden.
Beweisanträge der Nebenklage
Erster Beweisantrag der Nebenklage zur Ladung eines Polizeizeugen
Die Nebenklagevertreterin beantragt den Polizeibeamten, welcher in der Tatnacht die Fotos des Grundstücks aufgenommen hat, als Zeugen vor Gericht zu laden. So sollen Erkenntnisse zu den genauen räumlichen Gegebenheiten des Tatortes gewonnen werden, welche bisher vor Gericht noch nicht festgestellt wurden. Dies umfasst zum einen die genauen Abmessungen der Mauer, welche Bähner und die Gruppe um Krys während der Tat trennte. Zum Anderen aber auch die genaue Entfernung, welche Bähner vom Ort der Schussabgabe bis zurück in sein Haus hätte zurücklegen müssen. Die Nebenklage argumentiert, dass eine genaue Betrachtung der örtlichen Gegebenheiten die Angaben der Augenzeugen einerseits bestätigen werde, andererseits aber auch zeige, dass Bähners Angaben zum Tathergang unglaubwürdig seien. Dieser hatte in seiner Einlassung zu Beginn des Verfahrens unter anderem behauptet, er habe seine Waffe nur gezogen, da er einen Rückzug in sein etwa 40 Meter entferntes Haus aufgrund diverser körperlicher Gebrechen und Erkrankungen nicht mehr hätte schaffen können. Die Nebenklage bezifferte die betreffende Entfernung eher im Rahmen von etwa 8 Metern. Alternativ zur Ladung des Polizeizeugen schlägt die Nebenklage eine Ausmessung des Grundstücks oder eine Ortsbegehung als geeignete Maßnahmen des Gerichts vor.
Zweiter Beweisantrag der Nebenklage zur Ladung einer Polizeizeugin
Der zweite Antrag zielte auf die genauen Umstände von Bähners vermeintlicher Entwaffnung ab. So liegt dem Gericht zwar eine Verzichtserklärung vor, laut derer Bähner auf sein Privileg zum Besitz legaler Waffen verzichtet hat. An wen diese Waffen übergeben wurden, werde aus diesem Dokument jedoch nicht ersichtlich. Um Auskunft über den Verbleib der Waffen zu bekommen, beantragt die Nebenklage daher die Polizeizeugin zu laden. Die Aufklärung über den Verbleib der Waffen sei zudem schon aus rein präventiven Gesichtspunkten geboten, um überprüfen zu können, inwiefern Bähner tatsächlich entwaffnet wurde.
Dritter Beweisantrag der Nebenklage zur Vernehmung eines Polizeizeugen aus Kerpen
Mit ihrem dritten Antrag versucht die Nebenklage den Hintergrund von Bähners illegalen Waffen, einschließlich der Tatwaffe, zu beleuchten. So wurde dargelegt, dass sich drei illegale Waffen einst im Besitz derselben Person befunden hätten, diese war im Jahr 2010 verstorben. Bähner habe in seiner Einlassung zu Beginn des Prozesses jedoch zwei andere Personen benannt, von denen er die Waffen erhalten haben will. Aus diesen Ungereimtheiten ergäben sich einige Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Bähners Darstellung. Es wird erläutert, dass der betreffende Polizist der Kreispolizeibehörde Kerpen zum Hintergrund von drei Waffen ermittelt habe und hierzu vor Gericht Angaben machen könne.
Vierter Beweisantrag der Nebenklage zur Ladung des Leiters der Leitstelle Polizeipräsidium Köln
Im vierten Antrag geht es um das Telefonat, welches die Leitstelle der Kölner Polizei um 00:57 Uhr der Tatnacht mit Bähner, kurz vor dessen Verhaftung, geführt hat. Die Nebenklage möchte so herausfinden, was der Inhalt dieses Telefonats war, auf welcher Nummer die Leitstelle Bähner erreicht hat und wie sie diese Nummer so schnell ermitteln konnte. Bähner hatte in seiner Einlassung zu Beginn des Prozesses die Angabe gemacht, die Polizei habe auf dem Mobiltelefon seiner Frau angerufen. Andere Zeug*innen der Polizei hatten im Laufe des Prozesses jedoch berichtet bei der Auslesung der Anrufprotokolle auf Bähners Mobiltelefon in der Tatnacht kurz vor Bähners Verhaftung, einen Anruf mit unterdrückter Nummer festgestellt zu haben. Diesen ordneten sie als vermutlichen Anruf der Leitstelle zu. Weiter wurde seitens der Beamt*innen spekuliert, man habe die Nummer damals über Bähners Registrierung als Waffenbesitzer ermitteln können. Eine direkte Befragung der Leitstelle könnte mehr Licht in die ungeklärten Umstände dieses Telefonats bringen.
Fünfter Beweisantrag der Nebenklage zur Ladung des behandelnden Arztes in der Notaufnahme
Im fünften Antrag wurde seitens der Nebenklage die Vorladung des Arztes, der Krys nach der Tat im Krankenhaus medizinisch behandelte, gefordert. Dieser könne Angaben zum Einfluss der Schmerzmittel, mit denen Krys im Krankenhaus behandelt wurde, machen. Da es während dieser Zeit auch zu Befragungen durch die Polizei gekommen ist, solle durch die Angaben des Arztes ein vollständigeres Bild von Krys‘ Vernehmungsfähigkeit gezeichnet werden. Der Zeuge würde hierzu von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem Antrag an.
Nach Anhörung der Anträge und dem Verzicht der Verteidigung dazu Stellung zu beziehen, wurde der sechste Verhandlungstag nach knapp 20 Minuten wieder beendet.