Heute vor genau einem Jahr wurde in unmittelbarer Nähe zu unserem Kundgebungsort ein junger Mann angeschossen – mutmaßlich aus einem rassistischen Motiv. Der junge Mann und seine Freunde hielten sich am Rhein auf. Scheinbar fühlte sich ein Anwohner durch ihre Anwesenheit gestört. Er soll die jungen Männer erst rassistisch beschimpft haben und danach seine Waffe gezogen und auf sie geschossen haben.

Dass der Schuss nicht tödlich war, scheint nur einem Zufall zu verdanken zu sein, denn der Betroffene drehte sich im entscheidenden Moment etwas zur Seite, so dass die Kugel ihn in die Schulter und nicht direkt ins Herz traf.

Als würde diese Tat einen nicht schon fassunglos genug machen, kommt danach auch noch hinzu, dass der Name des mutmaßlichen Täters zunächst von Ermittlungsbehörden und Lokalpresse zurückgehalten wurde. Stattdessen wurde in rassistischem Duktus über die angegriffenen jungen Männer berichtet. Der verletzte junge Mann sei ja „polizeibekannt“, womit indirekt gesagt wird, dass er schon selber schuld sei, wenn jemand auf ihn schießt. Diese Täter-Opfer-Umkehr ist eine vielfach verwendete Strategie, um Rassismus unkenntlich zu machen. Wir kennen das nur zu gut, nicht zuletzt aus dem NSU-Komplex und wir sind es leid!

Aber wer ist nun der (mutmaßliche) Täter? Der Angeklagte ist niemand anderes als Hans-Josef Bähner, Porzer CDU-Politiker und langjähriges Mitglied der Bezirksvertretung. Es dauerte aber ganze 10 Tage, bis die Öffentlichkeit davon erfuhr. Sein Name wurde letztendlich erst durch den Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, geleakt. Ziemiak wünschte dem Betroffenen gute Genesung und erklärte, dass so ein Verhalten nicht „auf dem Boden unserer christlichen-demokratischen Werte“ stehe. Versehen war der Tweet mit dem Hashtag ‚Bähner‘. Erst dann zogen die lokalen Medien, wie der KStA, nach und nannten Bähners Namen in ihrer Berichterstattung.

Doch warum blieb Bähners Name überhaupt über Tage geheim? Ein Journalist, der für den KStA über den Fall berichtete, erzählte später in einem Interview, dass er von Bähners Anwalt, Ralf Höcker, persönlich angerufen und unter Druck gesetzt wurde, den Namen nicht zu veröffentlichen. Woher Höcker seine Telefonnummer hatte, wusste er nicht.

Und wer ist nun dieser Ralf Höcker? Ralf Höcker hat seine Medienrechtskanzlei am Friesenplatz im Kölner Zentrum. Hier vertritt er Personen wie Alice Weidel, Andreas Kalbitz und den türkischen Präsidenten Erdogan, die NRW-AfD-Landtagsfraktion und nun scheinbar auch Hans-Josef Bähner. Die Kanzlei und Höcker im speziellen sind bundesweit bekannt dafür, politische Gegner:innen mit Unterlassungsklagen zu überziehen und somit kritische Berichterstattung zu unterbinden. Ralf Höcker war außerdem bis Anfang diesen Jahres Sprecher der Werteunion, ein CDU-naher Verein, der nationalkonservative Ansichten vertritt.

Seit 2019 ist in beratender Funktion auch Hans-Georg Maaßen in seiner Kanzlei tätig. Genau – der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Maaßen wurde in vorzeitigen Ruhestand versetzt, weil er nach den Hetzjagden auf migrantisch markierte Menschen in Chemnitz den rassistischen Mob verharmloste und so untragbar wurde. Das war nicht der einzige Dienst, den Maaßen der rechten Szene erwies. Zuvor hatte er die AfD beraten, wie sie einer Beobachtung durch seine eigene Behörde entgehen könne.

Die rechtskonservative Werteunion ihrerseits will mal die AfD ersetzen und überflüssig machen, mal werben Mitglieder, wie Hans-Georg Maaßen, für Gespräche zwischen CDU und AfD. Hans-Josef Bähner wiederum teilte auf seinem Facebook-Profil in der Vergangenheit immer wieder Hetzposts der AfD gegen Geflüchtete. Es scheint beinahe so als würde es diesem Personenkreis darum gehen, die politische Zusammenarbeit der CDU mit der AfD vorzubereiten – entgegen der bisherigen Position der Bundes-CDU. Und in der Kanzlei Höcker scheint sich dieser Kreis zu schließen, denn die Kanzlei ist eine Schnittstelle zwischen dem rechtskonservativem Spektrum von Werteunion über die AfD bis zum rechten Rand.​​​​​​​

Aber zurück zu Dezember 2019.
Zeitgleich zu dem rassistischen Angriff in Porz diskutierte die ganze Republik über das Lied ‚Meine Oma ist ne alte Umweltsau‘ des WDR-Kinderchors. Konservative SUV-Fahrer:innen empörten sich gemeinsam mit Rechten über „rotgrün-versiffte Gutmenschen“ und protestieren tagelang zusammen mit Hools und Rechtsradikalen vor dem WDR, bis der Intendant sich schließlich öffentlichkeitswirksam entschuldigte. Aber ein CDU-Politiker kann mutmaßlich auf eine Gruppe junger Menschen schießen – und es passiert – zumindestens zunächst – nichts?! Kein Wort über den mutmaßlichen Täter und sein rassistisches Motiv?

Wir sind heute auch hier, um diese Stille zu beenden. Wir sagen: Keine Ruhe nach dem Schuss! Wir sind solidarisch mit den Betroffenen des rassistischen Angriffs in Porz und allen anderen Opfern und Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt.

Unser Bündnis hat sich gebildet, um eine kritische Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Die ersten Tage nach dem Angriff haben gezeigt, dass eine kritische Gegenöffentlichkeit nicht von selbst entsteht, sondern aktiv hergestellt werden muss. Von der lokalen und auch überregionalen Presse und Berichterstattung können wir nicht viel erhoffen und Kölner Lokalpolitiker:innen haben Bähner durch ihr Schweigen zunächst gedeckt und sich erst als es nicht mehr anders ging, öffentlich gegen ihn positioniert.

Daher rufen wir dazu auf, den Prozess, der im März stattfinden wird, kritisch zu begleiten und sich mit den jungen Männern, die als Nebenkläger bzw. Zeugen dort auftreten werden, zu solidarisieren. Auf unserer Webseite werden wir die Prozesstermine veröffentlichen und auch weitere Aktionen bewerben, deswegen checkt tatort-porz.org und stay tuned!