Pressemitteilung der Initiative „Tatort Porz – Keine Ruhe nach dem Schuss“ zum 5. Prozesstag
Köln, 11.12.2021 – Der fünfte Prozesstag im Prozess gegen den CDU-Politiker Hans Josef Bähner zeigte auf erschreckende Weise die Inkompetenz und die Ignoranz, mit der sich die staatlichen Ermittlungsbehörden dem rassistischen Hintergrund von Tat und Täter angenommen haben. Weder der Leiter der Mordkommission noch die eingesetzten Vernehmungsbeamt:innen hatten die klaren Äußerungen von Krys ernst genommen und die erforderlichen Ermittlungen veranlasst.
So hatte Krys bereits in der Tatnacht wiederholt die rassistischen Beleidigungen seitens Bähners betont und diese auch bei der offiziellen Vernehmung am Folgetag bekräftigt. Anstatt diese ernst zu nehmen, hatte die Polizei Rassismus als Tatmotiv ausgeblendet. Erst 11 Tage nach der Tat, nach Ausstrahlung eines Fernsehbeitrags, der die rechten Postings von Bähner auf seiner Facebookseite offenlegte, geriet die Polizei unter Druck und begann nun endlich, sich für die Hinweise der Betroffenen auf ein rassistisches Motiv zu interessieren.
In diesem Zusammenhang zeigt sich das Versagen des zuständigen Ermittlungsleiters: dieser sah bis zu dem TV-Bericht keine Anhaltspunkte für ein rechtsextremes oder rassistisches Tatmotiv. Er sei selbst zwar kein Experte, wenn es um politisch motivierte Kriminalität gehe, habe die Spezialist:innen der Behörde aber nicht hinzugezogen. Seiner Einschätzung nach hätte sich die Tat nämlich genauso abgespielt, wenn die Beteiligten „optisch Deutsche“ gewesen wären. Die von Bähner auf seinem Facebook-Profil veröffentlichten rechtsradikalen und rassistischen Aussagen, in denen gegen Geflüchtete gehetzt wird, wurden im heutigen Prozesstag vom Ermittlungsleiter wiederholt lediglich als „grenzwertig kritisch“ verharmlost.
Bei der Sicherung von Bähners Facebook-Profil durch die Polizei am Tag nach der Ausstrahlung des Fernsehbeitrags, sei dieses bereits umfassend und umfangreich bereinigt gewesen. Laut der Einschätzung eines von der Polizei damals hinzugezogenen Experten für Rechtsextremismus sei ein Laie in dem Umfang nicht in der Lage sie zu löschen.
„Es kann und darf nicht sein, dass die polizeiliche Blindheit gegenüber rassistischer Gewalt und das systematische Versagen in der polizeilichen Ermittlungsarbeit vor Gericht zum Nachteil der Betroffenen verkommt„, so Berena Yogarajah von der Initiative Tatort Porz – Keine Ruhe nach dem Schuss. „Die rassistische Tat findet damit im institutionellen Rassismus von Polizei und Gericht seine Fortsetzung.“
Es ist somit vor allem der Initiative der Betroffenen selbst zu verdanken, dass die Hintergründe der Tat letztlich doch genauer beleuchtet werden mussten. Denn die Betroffenen sahen sich aufgrund der einseitigen und diffamierenden Berichterstattung gezwungen, den Weg an die Öffentlichkeit zu suchen, um sich und ihrer Version Gehör zu verschaffen und sich gegen die doppelte Viktimisierung durch die rassistische Berichterstattung zu wehren.
Dies wiegt besonders schwer vor dem Hintergrund, dass ein Gutachter bei der Verhandlung nochmals die potenzielle Lebensgefahr bekräftigte, die durch den abgegebenen Schuss für Krys bestanden habe: Ein auf Schulterhöhe abgegebener Schuss kann auch Hals, Kopf, Herz oder Lunge treffen und damit potenziell tödlich sein.
„Leider passt es ins Bild, dass die psychischen Folgen der rassistischen Gewalttat, unter denen Krys und die anderen Zeugen bis heute leiden, im Gutachten des Leiters des Kölner Instituts für Rechtsmedizin nicht einmal erwähnt werden“, sagt Berena Yogarajah von der Initiative Tatort Porz – Keine Ruhe nach dem Schuss.