Pressemitteilung der Initiative „Tatort Porz – Keine Ruhe nach dem
Schuss“ zum 4. Prozesstag

Köln, 4. Dezember 2021 – Der vierte Prozesstag gegen den CDU-Lokalpolitiker Hans-Josef Bähner förderte einige neue Erkenntnisse zutage. Fotos aus dem Privathaus Bähners illustrierten eindrücklich, was bislang lapidar als „Besitz von fünf Waffen und Munition“ bekannt war. An vielen Stellen im Haus wurden
diverse Waffen sowie kistenweise Munition gefunden, mehrere Revolver,
Pistolen und zwei Langwaffen; zwei davon im Schlafzimmer. Allein in der
Nachttischschublade Bähners , wurden mindestens 50 Patronen gefunden,
die zu der mutmaßlichen Tatwaffe passen. Der Keller war ein regelrechtes
Waffen- und Munitionslager, der Großteil davon frei zugänglich.

Wir waren komplett schockiert, als wir das Ausmaß des Waffenlagers
sahen. Wir fragen uns, warum ein Keller voller Munition und über das
Haus verteilte, offen herum liegende Waffen bisher nicht als der Skandal
gehandelt werden, der es ist. Zudem machen die Bilder der Waffenfunde
auch die umfangreiche Einlassung Bähners zu seinem „Sportschützentum“
verständlicher. Mit dieser Relativierung sollte wohl davon abgelenkt
werden, was im Haus vorgefunden wurde: das Waffenlager eines
offensichtlichen Waffenfetischisten – eines Waffenfetischisten, der
diese Waffen eben nicht zu Sportzwecken, sondern gegen Menschen
einsetzt!“ kommentiert Berena Yogarajah der Initiative „Tatort Porz“.

Ebenso skandalös ist, dass Bähner in der Tatnacht versuchte, seinen
Schuss den von ihm Angegriffenen in die Schuhe zu schieben. Auch in
Polizeigewahrsam wiederholte er die Lüge, er hätte die mutmaßliche
Tatwaffe, einer halbautomatischen Pistole der Marke Bernardelli, in
seinem Garten gefunden. Tatsächlich erwies sich dies bereits in der
Tatnacht als plumpe Lüge, denn die Originalverpackung der Waffe wurde
bei der Durchsuchung im Keller aufgefunden.

Die auf Bähners Lüge fußenden Schmauchspuruntersuchungen, die auch bei
den vier Freunden vorgenommen wurden, förderten laut Gutachter zutage,
dass nur Bähner als Schütze infrage komme, da nur an seinen Händen große
Mengen an Schmauchspuren gefunden wurden. Und nicht nur das: Bähner muss laut Gutachter aus nächster Nähe, d.h. einer Distanz von maximal fünf
Zentimentern, auf Krys geschossen haben.

Die Berichte der geladenen Polizeibeamt*innen machten weiter deutlich,
dass das Ermittlungsinteresse kurz nach der Tat nicht auf das
rassistische Motiv des Täters gerichtet war. Obwohl Krys dies in seiner
ersten Vernehmung im Krankenhaus schon deutlich benannte, löste dies
zunächst keine polizeiliche Reaktion aus. Dieses sei bloß „eine weitere
der Komponenten“ gewesen, der aber keine größere Bedeutung beigemessen
wurde. Es sei nicht ihr „Fokus“ gewesen. Vordringlich galt es für die
Polizei die Schussabgabe und die vom Angeklagten behauptete etwaige
körperliche Auseinandersetzung im Vorfeld des Schusses zu klären.

Aus dem Ermittlungsfokus der Polizei zu folgern, Rassismus sei als
Tatmotiv zu streichen, wie die Verteidigung Bähners es unablässig
fordert, ist Unsinn! Es verdeutlicht im Gegenteil: Die Polizei ermittelt
nur das, was sie als wichtig erachtet und schafft damit die
Deutungshoheit über das Tatgeschehen. Rassismus als Tatmotiv war für die
Polizei zunächst offensichtlich Nebensache„, kommentiert Berena
Yogarajah von der Initiative Tatort Porz.

Trotz allem genoss Bähner bei seiner Festnahme offenbar eine fast
zärtliche Sonderbehandlung, über die sich auch die am Tatort
eingesetzten Polizisten wunderten: Obwohl er verdächtig war, gerade auf
einen Menschen geschossen zu haben und der Polizei bekannt war, dass er
Waffen führte, war er per Telefonanruf von der Leitstelle gebeten
worden, aus dem Haus zu kommen und sich zu ergeben. Trotz des dringenden
Tatverdachts der schweren Körperverletzung, des ausgehobenen
Waffenlagers und illegalen Waffenbesitzes musste Bähner keine
Untersuchungshaft antreten.

Warum erhält ein bewaffneter Tatverdächtiger einen derartigen
Vertrauensvorschuss? Warum wurde er so anders behandelt, als all
diejenigen Menschen, denen die Polizei die Haustüren aufsprengt, deren
Häuser sie verwüstet? Oder anders gefragt, warum greifen polizeiliche
Gefahreneinschätzungen und daraus resultierende Einsatzkonzepte so
offensichtlich und selbstverständlich auf tief verankerten
institutionalisierten Rassismus zurück und dies wird nicht auch nur
einmal in Frage gestellt?“ fragt Berena Yogarajah von der Initiative
Tatort Porz.

[Initiative „Tatort Porz – Keine Ruhe nach dem Schuss vom 04.12.2021]